Bismarck im Portait und im ersten Weltkrieg

TEASER_Portrait

Bismarck-Portait-Karte

Die zu sehende Postkarte stammt aus dem Verlag Gustav Liersch & Co., Berlin. Das Motiv ist ein typisches für diesen Verlag, so wurden ganze Serien dieser Art von Portraikarten von verschiedenen Persönlichkeiten erstellt. Unter anderem über den Kaiser und seine Gemahlin, andere Mitglieder der Kaiserfamilie und sogar von ausländischen Herrschern wie etwa dem Zaren von Russland Nikolaus II. Der Künstler ist nicht bekannt.

Bismarck-Portait

Bei dieser Karte handelt es sich um eine klassische Portaikarte für den 100. Geburtstag Bismarcks 1915. Zusehen ist Bismarck in seiner Uniform mit Säbel und Pickelhaube in einer aufrecht stehenden Pose mit ernster, ruhiger Mine. Des Weiteren der klare Verweis auf den 100. Geburtstag durch die Jahreszahlen in der Kopfzeile 1815 und 1915. Weiter fällt die Unterschrift von Bismarck am rechten unterem Bildrand auf.

Bei dieser, eigens für den 100. Geburtstag publizierten, Postkarte, steht die Frage Bismarcks Darstellung mit der Uniform, dem Säbel und der Pickelhaube im Raum: Wieso wurde diese Darstellung gewählt?

Zum Einen, da Bismarck auch diesen Offiziersrang innehatte, zum anderen aber auch da damit auf bestimmte historische Ereignisse angespielt werden sollte, wie die Einigungskriege gegen Dänemark 1863/64, Österreich 1866 und vorallem gegen Frankreich 1870/71. Somit wurde an Bismarck als Feldherr erinnert. Allerdings sollen auch bestimmte Eigenschaften Bismarck zugeschrieben werden, wie Integrität, Aufrichtigkeit, Treue und Selbstlosigkeit, die sich gerade durch das Tragen der Uniform wiederspiegeln sollten, da durch die Uniform ein Mensch von dem individuellen Wesen zu einem kollektiven Wesen werden soll. Die Unterschrift am unteren rechten Bildrand erinnert an Autogrammkarten heutiger Berühmtheiten und gibt damit der sonst recht schlicht gehaltenen Postkarte einen persönlichen Anstrich. Fast so, als würde Bismarck dieser Darstellung seinen Segen geben. Im Gesamten betrachtet, nahm die Karte die Attribute vorweg, die ihm Egon Friedell(1878-1938) zuschrieb:“In dem Hirn und Herzen des Mannes, der das Kunstwerk der deutschen Einheit schuf, war alles lebendig versammelt, was jemals den deutschen Namen verehrungswürdig gemacht hat: die Kraft, Kirchen zu stiften wie Luther, die Kraft, Geistesschlachten zu schlagen wie Lessing, die Kraft, Geschichtssysteme zu bauen wie Hegel.“1

„Der steinerne Gast in Brest Litowsk“

Gast-in-Brest-Litowsk

Die oben stehende Karte „Der steinerne Gast in Brest Litowsk“ erschien für die „Zeitbilder“ der
Deutschen Zeitung und wurde von Oskar Theuer gezeichnet.
Im Deutschen-Historischem-Museum wird diese Karte als Kriegs und Propaganda-Karte geführt.
Diese Zeichung ist angelehnt an ein Foto von den Waffenstillstandsverhandlungen vom 15.
Dezember 1917, welches im Bundesarchiev zu finden ist.

Das Motiv dieser Karte beschreibt den Friedensschluss zwischen den Mittelmächten (Deutschland
und Österreich) und dem neu gegründeten Sowjetrussland in Brest-Litowsk, einer Stadt im
heutigen Weißrussland.
Abgebildet sind die drei federführenden Unterhänder Richard von Kühlmann für Deutschland
(Bildmitte unten), Ottokar Czernin für Österreich-Ungarn (rechter unterer Bildrand) und Leo
Trotzki für Sowjetrussland (rechter Bildrand, unter dem Tisch verschwindend) und deren Gefolge.
Die zentrale Figur ist aber „das Hamburger Bismarckdenkmal“, welches mit seiner steinernen Faust
auf den Tisch schlägt und ihn zum Zusammenbrechen bringt.

Diese Karte zeigt noch einmal deutlich, wie präsent Bismarck in der damaligen Zeit war, sodass er
bis in die aktuelle Diplomatie wirkte oder wirken sollte. Es bestand eine Art Sehnsucht nach diesem
Typus von Staatsmann, der konsequent seine Vorstellungen einbrachte und durchsetzte, will man
dem Bild glauben.
Betrachtet man die anderen Akteure also Trotzki, der im wahrsten Sinne sich unter dem Tisch vor
Bismarck zu verkriechen scheint, oder Kühlmann, der wie Czernin auch zur Flucht ansetzt, wird das
Bild des „Eisernen Kanzlers“ weiter bestärkt. Aber auch die restlichen Personen im Raum scheinen
erschrocken und durchaus in Panik geraten zu sein, sodass sie von den Stühlen
fallen. Somit wird Bismarck wieder zum Verfechter der damaligen deutschen Interessen. Es scheint,
so als würde er den Frieden diktieren, in dem er auf den Tisch schlägt und dieser nachgibt.
Neben dieser Verfechter-Rolle schwingt auch eine Art von „Ewigerbeschützer“ mit, welches durch
das steinerne und damit die Zeiten überdauernde und somit „ewige“ Bismarckdenkmal symbolisiert
wird.

„Weltkrieg 1914″ 

Weltkrieg-1914-1

 

Bei dieser Karte handelt es sich um eine Weltkriegskarte aus dem Gunblach Verlag aus Bielefeld.
Der Künstler ist nicht genannt.

Auf ihr ist die Schlacht um Lothringen (20. bis zum 22. August 1914) zu sehen. Im Besoderen sind
Kavallerie und Artillerie dargestellt. Die Kopfzeile ist mit „Weltkrieg 1914″ überschrieben.
Am rechten Bildrand steht Bismarck als Beobachter am Waldesrand unter einem Eichenbaum. Er ist
zivil gekleidet, hat die Arme auf dem Rücken verschränkt und hält einen Gehstock.
In der unteren linken Bildecke wird Bismarck nach der Schlacht in Lothringen folgender Satz in den Mund gelegt:
„So ist’s recht Wilhelm die zweite Auflage von 70 scheint gut zu werden.“

Dieses Motiv ist als Propaganda-Karte zu werten. Spannend hierbei sind besonders drei Dinge.
Zum Ersten die Schlachtdarstellung, da hier keine Kämpfe zwischen Soldaten zusehen sind,
sondern nur das ungebremste Vorrücken der deutschen Truppen. Es ist nur deutsches Artilleriefeuer
zu sehen und kein französisches, ebendso bei der Kavallerie, die im vollen Galopp nach vorne
prescht. Dies ist eine Anspielung auf den Deutsch-Französischen-Krieg von 1870/71, bei dem die
deutschen Truppen innerhalb weniger Wochen vor Paris standen.
Zum Zweiten die Darstellung Bismarcks.
Er ist einerseits ohne Uniform in zivil dargestellt und beobachtet aufmerksam das Geschehen unter ihm
ohne allerdings angespannt zu sein. Das zeigen besonders die hinter dem Rücken verschränkten
Arme. Zum anderen steht er bildperspektivisch hinter den vorrückenden Soldaten, überblickt die
Schlacht und scheint mit ihrem Verlauf zufrieden zu sein.
Dies wird auch mit dem dritten Punkt bekräftigt: Den zwei Sätzen, die unten links auf der Postkarte
stehen:

„Bismarck nach der Schlacht in Lothringen;
So ist’s recht Wilhelm die zweite Auflage von 70 scheint gut zu werden.“
Dort wird wieder der Bezug zu 1870/71 herraufbeschworen. Besonders ist hier der Begriff der
„zweiten Auflage“, weil dadurch eine geradezu genaue Reproduktion von 1870/71 erzeugt werden.
Dies wohl nicht nur auf den Kriegsverlauf gemünzt, sondern auch möglicherweise auf die Ursache.
Da der Begriff den Anschein erweckt, ein von Frankreich gewolltes „Rückspiel“ für 1870 zu sein.
Bei diesem Motiv wird Bismarck zu einer Art Schutzpatron, der über die Geschicke des Deutschen
Reiches wacht und als Motivationsstifter auftritt.

Rückseite  „Weltkrieg 1914″

Bei dieser Postkarte handelt es sich um eine Feldpostkarte, die am 1.Februar.15 abgeschickt wurde.
Der Absender ist der Wachmann Hugo Schwertfeger, der in der 9.Armee in der Brigade Doussin diente
und damit Teil des Korps Posen war. Er schrieb die Karte am 30.Januar.1915.
Adressiert ist die Karte an die Familie J. Mauritius aus Lehe bei Hannover.

In seinem Text bedankt sich Hugo Schwertfeger für ein Paket mit Schokolade, welches er gerade
bekommen hat. Weiter sagt er, dass er die anderen Pakete noch nicht erhalten habe, aber diese
hoffentlich bald bekomme. Ebendso beantwortet Hugo Schwertfeger die Frage, ob er Speck in einem
der nächsten Pakete haben wolle, mit „Ja“. Der Brief endet mit der Aussage, dass er „gesund und
wohlgemut“ sei und bitte, schöne Grüße an Herrn Hains und alle Bekannten zu übermitteln.

Die Karte entstand gute sechs Wochen nach der Schlacht um Łódź (11. November – 5. Dezember) in
der auch die Brigade Doussin als Teil des Korps Posen mitkämpfte, da sie Mitte November der 9.
Armee zugeteilt wurde. Bei dieser Schlacht gelang es keiner der Parteien, ihre strategischen Ziele zu
erreichen. Das Resultat der Kampfhandlungen bestand darin, dass die russische Seite ihren
geplanten Angriff auf Schlesien und Posen erst einmal aufgeben musste, im gleichen Zuge gelang
es der deutschen Seite aber auch nicht, Łódź als strategische Sicherung zu halten. Trotzdem
verkaufte General Erich von Ludendorff, das schon als einen großen Sieg. Bis sich schließlich
am 6. Dezember die russischen Truppen zurückzogen, aufgrund von Nachschubproblemen und um
sich taktisch neu zu formieren.

Betrachtet man nun das Kartenmotiv in Bezug auf diesen Hintergrund bleibt festzuhalten, dass
damit eine Form des Anknüpfens an die Erfolge im Westen stattfinden sollte. Es signalisiert dem
Empfänger dieser Karte, dass alles nach Plan laufe und soll damit, wie in diesem Falle, die
Bekannten in der Heimat beruhigen, da das Motiv seine Aussage er sei „wohlgemut“, unterstreicht.
Bismarck wirkt auf dem Motiv als die moralische Stütze, denn wenn Bismarck schon sagt „Die
zweite Auflage von 70 scheint gut zu werden,“ könne ja nichts mehr schief gehen.

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